M&A-Markt kühlt vorerst ab – Aber geplante Milliarden-Übernahmen stimmen hoffnungsvoll
M&A Insights Deutschland – Q4 2019
- 4. Quartal eines der schwächsten der vergangenen zehn Jahre
- Vermehrt Rückzug von der Börse nach Übernahmen im Gesamtjahr 2019
- Konzentration auf das Kerngeschäft wichtiger Deal-Treiber im nächsten Jahr
Die Dynamik am deutschen M&A-Markt hat zum Jahresende hin deutlich nachgelassen. Nach einem starken dritten Quartal ging das Deal-Volumen im vierten Quartal auf 19,9 Milliarden US-Dollar (Stand: 9. Dezember) zurück. Im direkten Vergleich mit dem Vorjahresquartal (31,5 Milliarden US-Dollar) entspricht dies einem Rückgang um 37 Prozent. Auch die Anzahl der Transaktionen sank gegenüber dem Vorjahr um 33 Prozent von 625 auf 420. Kein viertes Quartal seit 2011 fiel schwächer aus. Dies geht aus den aktuellen Ergebnissen der M&A Insights* von Allen & Overy hervor.
Zu den prägenden Entwicklungen des Jahres 2019 gehört das verstärkte Auftreten von „Public-to-Private“-Transaktionen, bei denen im Anschluss an die Übernahme ein Rückzug von der Börse vorgesehen ist, etwa um einen Umbau jenseits des Scheinwerferlichts am Kapitalmarkt vollziehen zu können. Die Erfolgsbilanz der „Public-to-Private“-Transaktionen in diesem Jahr fällt jedoch gemischt aus, denn im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Deutschland keinen Weg, um schnell eine Beteiligung von 100 Prozent zu erreichen. Auffällig ist im auslaufenden Jahr darüber hinaus das Ausbleiben von Blockbuster-Deals mit deutscher Beteiligung – einmal abgesehen von der Übernahme von Cypress durch Infineon mit einem Volumen von 10,4 Milliarden US-Dollar.
Erklärungen für diese rückläufige Übernahmeaktivität sind vielfältig: „Politisch bedingte Unsicherheiten – sei es der immer wieder aufflammende Handelskonflikt zwischen den USA und China oder die bis zuletzt unklare Brexit-Frage – belasten vor allem die stark exportabhängigen Sektoren. Hinzu kommt, dass die Bereitschaft der Politik auch in Deutschland steigt, zugunsten heimischer Schlüsselindustrien oder zum Schutz geistigen Eigentums in den Markt einzugreifen. Als Instrumente kommen dabei in manchen Rechtsordnungen ein zunehmend politisch aufgeladenes Kartellrecht und verschärfte Bestimmungen bei der Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen zur Anwendung. Die Folge ist nicht nur eine Verlängerung der Genehmigungsprozesse. Auch deren Ausgang an sich ist weniger vorhersehbar geworden“, erläutert Dr. Hartmut Krause, Partner bei Allen & Overy Deutschland und Experte für Gesellschaftsrecht/M&A.
Insgesamt zeigt sich, so eine weitere Erkenntnis der aktuellen M&A Insights, eine verstärkte Abnahme der M&A-Aktivität in Deutschland gerade in zyklischen Branchen wie der Automobil- und Zulieferindustrie sowie im Maschinenbau. „Viele Unternehmen wappnen sich für einen Abschwung. Dabei geht es aber keinesfalls nur um konjunkturelle Risiken. Gerade auch der hohe Innovationszwang und Entwicklungen wie die Mobilitätswende setzen bisherige Geschäftsmodelle unter Druck – all das sorgt für Unsicherheit und Kostendisziplin. Wir erwarten allerdings, dass wir 2020 deshalb eine Zunahme an M&A-Transaktionen in diesen Sektoren sehen werden. Denn angesichts der eingetrübten Aussichten werden die Unternehmen den Verkauf von Randaktivitäten konsequenter angehen und sich stärker auf das Kerngeschäft fokussieren. Kostensenkungen dürften daher zu einem wesentlichen Deal-Treiber im kommenden Jahr werden. Auch das verstärkte Auftreten von aktivistischen Aktionären, die auf die Anpassung von Geschäftsmodellen dringen, wird den M&A-Markt weiter antreiben“, so Krause weiter.
Als Gewinner gehen Branchen wie Pharma und Healthcare aus den M&A Insights hervor – alleine bereits aufgrund der deutlich geringeren Abhängigkeit vom Konjunkturverlauf. Auch wenn das letzte Quartal die Erwartungen nicht erfüllen konnte, fällt die Bilanz für das Gesamtjahr 2019 durchaus positiv aus. Gleiches gilt für den Ausblick auf 2020. So werden sich die genannten Herausforderungen in bestimmten Branchen zwar bemerkbar machen. Gleichzeitig zeichnen sich aber bereits milliardenschwere Transaktionen ab. „Diese Aussicht stimmt uns hoffnungsvoll für das kommende Jahr“, so das Fazit von Krause.