Zehnjahres-Studie zu M&A-Aktivität der Unternehmen des DAX & MDAX

Transaktionen zuletzt rückläufig, aber weiterhin Aufwind bei strategischen Investments im Digitalsektor und im Bereich ESG

Die globale Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer hat erneut die M&A-Aktivität der 40 DAX- und 50 MDAX-Unternehmen ausgewertet, diesmal im Zeitraum von 2013 bis 2022. Mit Blick auf das Jahr 2022 zeigt die Analyse, dass die führenden börsennotierten Unternehmen zuletzt vorsichtiger, aber insgesamt dennoch recht aktiv waren – trotz des anhaltend schwierigen politischen und wirtschaftlichen Umfelds und Sondereffekten aus der Pandemie-Zeit. Zu den zentralen Erkenntnissen aus der Studie zählen:

Während die Zahl der Akquisitionen und Investments der Unternehmen im DAX und MDAX bis 2021 neun Jahre lang beinahe stetig anstieg, lag die Gesamtzahl im Jahr 2022 um 11,2 Prozent unter dem Vorjahreswert. Das veröffentlichte Deal-Volumen sank sogar um rund 35 Prozent, von 77,8 Mrd. Dollar im Jahr 2021 auf 50,4 Mrd. Dollar im Jahr 2022. Prozentual bewegen sich diese Rückgänge ungefähr im Bereich des auch global zu beobachtenden Trends im letzten Jahr, denn das Transaktionsvolumen ging weltweit um 34% im Vergleich zu 2021 zurück.
Bei den Sektoren, in denen die DAX- und MDAX-Unternehmen akquirieren und investieren, übertreffen die digitalen Märkte inzwischen alle anderen Branchen – obwohl nur sehr wenige der DAX- und MDAX-Werte selbst reine Tech-Unternehmen sind. Dies verdeutlicht: M&A ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der digitalen Transformation der führenden deutschen Unternehmen.

In ähnlicher Weise verzeichneten Länder mit einer hohen Dichte von Unternehmen in innovativen Sektoren einen starken Anstieg der Investitionen durch die größten deutschen börsennotierten Unternehmen. So fanden in Israel in den drei Jahren 2020, 2021 und 2022 insgesamt 41 Übernahmen durch DAX- und MDAX-Unternehmen statt, verglichen mit nur neun Transaktionen in den sieben Jahren davor (2013 bis 2019).

Betrachtet man den DAX und den MDAX zusammen, so war Deutschland in den vergangenen zehn Jahren weiterhin das wichtigste Investitionsziel (677 Transaktionen), wenn auch fast gleichauf mit den USA (604 Transaktionen). Betrachtet man nur die DAX-Unternehmen, haben sich die USA in den letzten zehn Jahren sogar zum wichtigsten Investitionsziel entwickelt und bereits 2016 die innerdeutschen Transaktionen überholt. Und auch beim MDAX lässt sich ein Trend zu mehr Investitionen in den USA erkennen.

Die Studie zeigt auch, dass die führenden Unternehmen in Deutschland weiterhin inorganisches Wachstum in China anstreben. China ist insbesondere für die DAX-Unternehmen nach wie vor attraktiv, die Aktivitäten haben nach einem Rückgang im Jahr 2016 zuletzt wieder zugenommen. Die Gesamtvolumina für die Unternehmen des DAX und MDAX in den Jahren 2020 bis 2022 machen mehr als die Hälfte aller deutsch-chinesischen M&A-Deals der letzten zehn Jahre aus.

In den Schwellenländern insgesamt stieg die Anzahl der Transaktionen seitens DAX- und MDAX-Unternehmen seit 2018 an, war jedoch im Jahr 2022 im Einklang mit den globalen Trends rückläufig (18 Prozent gegenüber dem Vorjahr).

Die Transaktionsaktivität von DAX- und MDAX-Unternehmen in Russland ist bereits seit 2017 rückläufig und seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine vollständig zum Stillstand gekommen.

Spiegelung des weltweiten Rückgangs an M&A-Deals

Das vergangene Jahr war weltweit von wirtschaftlichen Umwälzungen geprägt, die sich auch auf den M&A-Markt ausgewirkt haben. Nach den vergangenen Rekordjahren gingen sowohl die Anzahl als auch das wertmäßige Volumen der Transaktionen global zurück: 2022 lag das Volumen bei 3,855 Billionen US-Dollar, ein Rückgang von 34 Prozent gegenüber 2021, wie auch der jüngste Freshfields M&A Monitor zeigt. Die Anzahl der Transaktionen ging 2022 im Vergleich zu 2021 um 29 Prozent zurück. Diesen Trend spiegelt auch die Entwicklung der M&A-Aktivitäten der 90 führenden börsennotierten Unternehmen aus Deutschland wider.

„Im Hinblick auf Akquisitionen und Investments waren die Unternehmen im DAX und MDAX auch 2022 recht engagiert, trotz des Rückgangs weltweiter M&A-Aktivität infolge der ‚Polykrise‘ bestehend aus dem Krieg in der Ukraine, höheren Zinsen, steigender Inflation und anderer belastender Faktoren“, sagt Lars Meyer, der M&A-Partner bei Freshfields ist und zu den Autoren der Studie gehört. „Zu berücksichtigen ist aber auch, dass 2021 ein Rekordjahr war, in dem auch der Investitionsstau aus dem Pandemie-Jahr Jahr 2020 wieder freigesetzt wurde. Das machte das Jahr ungleich stärker und erschwert den Vergleich mit 2022.“

Treiber sind und bleiben Tech, ESG und die USA

Die größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland nutzen M&A auch in ihren Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit, etwa zum Erwerb sog. Clean Energy-Technologien. So werden ESG und die Abkehr von emissionsintensiven Geschäftsmodellen stetig stärkere Treiber von M&A. Daneben bleibt auch die digitale Transformation der deutschen Industrie ein ganz wesentlicher Faktor für Akquisitionen und Investments der DAX- und MDAX-Unternehmen.

„Die Zahlen verdeutlichen den fortwährenden Drang deutscher Unternehmen zur digitalen Transformation und den Wunsch, Tech-Deals weltweit zu tätigen“, sagt Philipp Pütz, ebenfalls Partner bei Freshfields für M&A. „Viele Unternehmen aus klassischen Industriebereichen befinden sich noch mitten in diesem Prozess, und aufstrebende Tech-Unternehmen könnten 2023 das Interesse möglicher Käufer auf einem moderateren Bewertungsniveau wieder neu entfachen. Darüber hinaus werden fortschrittliche Technologien rund um KI, Automatisierung und das Metaverse traditionelle Branchen voraussichtlich weiter disruptieren und Investitionen anziehen, eben nicht nur von reinen Tech-Unternehmen.“

Die Vielzahl möglicher Übernahmekandidaten im Tech-Bereich ist auch ein wichtiger Grund für die Anziehungskraft des US-Marktes, aber nicht der einzige: „Deutsche Unternehmen aus dem DAX und MDAX schauen immer stärker auf den US-Markt und haben dabei vor allem Akquisitionsziele in innovativen Industrien im Blick“, sagt M&A-Partnerin Elizabeth Oberholzer. „Zudem haben die USA aber auch den Vorteil eines stabileren Umfelds als viele andere Regionen, und der Energieversorgungssicherheit für Anlagen – während dies in Europa derzeit eine Herausforderung ist.“

Die gesamte Auswertung und die einzelnen Statistiken (einschließlich der zugrunde liegenden Methodik) finden sich hier. Dort sind auch alle Zahlen im Detail zu sehen, aufgeteilt in einzelne Statistiken zu Dealvolumen und Dealzahlen, Branchen und Regionen (mit zusätzlicher Auswertung für die M&A-Aktivitäten in den Schwellenländern).

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