Bewegung am M&A Markt: Konsumgüter- und Handelsunternehmen investieren in Kundennähe
M&A Consumer & Retail Report 2021: Regionalität, Schnelligkeit und Agilität sind die neuen Treiber für Transaktionen
„Nach einer merklichen Abkühlung durch die Pandemie nimmt das Fusionskarussel wieder Fahrt auf“, meint Dr. Mirko Warschun, Partner und Leiter der Handels- und Konsumgütersparte der Managementberatung Kearney. „Dabei werden die Fusionen und Übernahmen neuen Strategien folgen: Alles wird der Nähe zu den Verbrauchern untergeordnet, die Unternehmen werden regionale, schnelle und agile Geschäftsmodelle anstreben, die ihnen größtmögliche Nähe zu ihren Kundinnen und Kunden erlauben.“
Im ersten Jahr der Pandemie haben die Transaktionen in der Konsumgüter- und Handelsbranche einen historischen Tiefstand erreicht, wie der aktuelle M&A-Bericht 2021 für den Handel und die Konsumgüterindustrie von Kearney zeigt. Seit 2016 hat sich der Wert aller weltweiten Deals mehr als halbiert: So liegt er 2020 bei 205 Mrd. US-Dollar im Vergleich zu 496 Mrd. US-Dollar in 2016, relativ zum vergangenen Jahr ist er um sechs Prozent abgesackt.
Der Bericht basiert auf der Analyse von Fusions- und Akquisitionsdaten aus dem Jahr 2020. Interviews mit mehr als 100 Top-Führungskräften global agierender Unternehmen aus Handel, Konsumgüterindustrie und von Private-Equity-Firmen erlauben Einschätzungen und Prognosen für den Markt im Jahr 2021.
80 Prozent der Führungskräfte rechnen nach dem Abschwung der vergangenen Jahre nun wieder mit einer neuen Transaktionswelle, ausgelöst auch durch einen neuen Trend, Unternehmensanteile wieder abzustoßen. So hatte die METRO AG bereits im vergangenen Jahr die Supermarktkette Real verkauft, um sich ganz auf den Großhandel zu konzentrieren. Von den 20 größten Unternehmen der Konsumgüterindustrie, so die Ergebnisse der Studie, werden voraussichtlich bis zu drei Viertel größere Veräußerungen in ihrem Portfolio vornehmen. Darüber hinaus werden neue Marktrealitäten, Digitalisierung und die Hinwendung zum Direct-To-Consumer-Geschäft die Investitionstrends des kommenden Jahres beeinflussen.
Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass viele Unternehmen in der Pandemie Geld eingenommen haben, dass sie jetzt vermehrt in Zukäufe und Beteiligungen investieren, um noch näher an ihre Kundinnen und Kunden heranzurücken, innovative Produkte zu entwickeln oder Konsumententrends wie Gesundheit und Nachhaltigkeit zu bedienen. In diese Bewegung gehört auch, dass sich Unternehmen von Beteiligungen trennen, die nicht in ihr Portfolio passen oder nicht die richtigen Ergebnisse brachten. Als jüngstes Beispiel nennt Warschun die Katjes Gruppe, die sich von dem Süßwarenhersteller Manner getrennt hat.
„Aus den vergangenen Krisen haben wir gelernt, dass turbulente Zeiten eine Welle von Innovationen und radikalen Veränderungen mit sich bringen. Damit sind Strategien, die rein auf organisches Wachstum setzen, nicht mehr zeitgemäß“, kommentiert Warschun. Man sähe jetzt schon, dass die Unternehmen mit ihrer M&A-Politik unmittelbare und langfristige Wachstumsmöglichkeiten suchten und dabei die Regionalität und Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle im Blick hätten. Die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) hat entsprechend im vergangenen Sommer den Online-Marktplatz real.de übernommen. Der Lebensmittelhändler Edeka hat jüngst angekündigt, nach Verkauf von „Bringmeister“ seine Beteiligung am digitalen Startup Picnic auf internationaler Ebene auszubauen, um mit online-Lieferdienten regional vor Ort zu sein. Auch die Otto-Gruppe, so Warschun habe stärkeres Engagement im M&A-Markt angekündigt.
Warschun: „Sowohl kaufende und verkaufende Unternehmen werden die Dynamiken dieses Jahres am M&A-Markt für Konsumgüter und Handel prägen. In diesem Jahr kommt es darauf an, das Portfolio zu stutzen und sich zugleich neue Optionen zu schaffen, von denen die Kunden profitieren.“
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