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Deutsche Konzerne erwarten schnelle Erholung von der Pandemie – zwei von drei planen Übernahmen

  • Mehr als die Hälfte der hiesigen Großunternehmen erwartet eine Rückkehr zu den Vor-Krisen-Umsätzen noch in diesem Jahr – international beträgt der Anteil 46 Prozent
  • Deutschland ist erstmals Top-Investitionsstandort vor den USA und dem Vereinigten Königreich
  • Übernahmeappetit deutscher Konzerne steigt auf bisher zweithöchsten Wert– weltweit gehen die Übernahmepläne zurück

Die deutschen Großunternehmen erwarten mehrheitlich, dass sie sich schnell wieder von der Corona-Krise erholen: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) rechnet noch im laufenden Jahr damit, dass die Umsätze das Niveau vor Ausbruch der Pandemie erreichen. Immerhin ein Viertel (24 Prozent) geht davon aus, dass die Erholung spätestens 2022 eintritt.

Die Profitabilität wird nach Ansicht der deutschen Unternehmen etwas langsamer zurückkehren: Für das laufende Jahr erwarten 24 Prozent eine Rückkehr zum Zustand vor Ausbruch der Pandemie. 41 Prozent gehen davon aus, dass dieses Niveau spätestens 2022 erreicht wird. Immerhin zwölf Prozent rechnen allerdings nicht vor 2024 mit einer Profitabilität auf Vorkrisenniveau.

Damit kämen die deutschen Konzerne etwas schneller aus der Krise als der internationale Wettbewerb: Weltweit rechnen 46 Prozent mit einem Anstieg der Umsätze auf das Niveau vor der Pandemie im laufenden Jahr und 23 Prozent erwarten, dass die Profitabilität noch 2021 zurückkehrt.

Das sind Ergebnisse des aktuellen „Capital Confidence Barometer“. Basis der Studie ist eine Umfrage unter mehr als 2.400 Managern in Großunternehmen weltweit, davon 153 in Deutschland.

Von der schnellen Erholung erwarten sich viele Investoren offenbar Vorteile am Standort Deutschland – erstmals ist Deutschland das Top-Investitionsziel der befragten internationalen Großunternehmen. Auf den Rängen zwei und drei folgen die USA und das Vereinigte Königreich. Deutsche Unternehmen haben bereits in den Vorjahren bevorzugt im eigenen Land investiert. In diesem Jahr folgen bei den beliebtesten Investitionszielen deutscher Unternehmen nach dem heimischen Standort Frankreich und das Vereinigte Königreich auf den Plätzen zwei und drei.

Der Übernahmeappetit deutscher Unternehmen steigt auf den zweithöchsten Wert seit Durchführung der Studie: 64 Prozent planen in den kommenden zwölf Monaten Zukäufe ein – nur 2019 war der Wert mit 69 Prozent höher. Weltweit sinkt der Anteil der investitionswilligen Konzerne dagegen auf 49 Prozent – nach jeweils 56 Prozent in den beiden Vorjahren.

Constantin M. Gall, Partner und Leiter des Bereichs Strategy and Transactions bei EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz: „Deutsche Unternehmen erwarten, dass sie mit mehr Schwung aus der Krise kommen als ihre weltweiten Wettbewerber. Deutschland ist führend in der Hightech-Produktion und steht damit im Zentrum der Megatrends Digitalisierung und Automatisierung. Angesichts sinkender Bewertungen von Übernahmekandidaten dürfte es daher zu einem deutlichen Anstieg der M&A-Aktivitäten in den nächsten Monaten kommen.“ Gall betont allerdings: „Alle Investitionsplanungen stehen derzeit unter Vorbehalt. Niemand weiß, ob die aktuellen Impfkampagnen so erfolgreich verlaufen, wie wir uns das wünschen und ob die Infektions- und Opferzahlen tatsächlich im Frühjahr sinken. Und nur dann ist eine Rückkehr zu einer Art Normalität möglich.“

Stärkerer Fokus auf Kundenbindung und Digitalisierung

Die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie haben den Fokus vieler Investitionsentscheidungen deutlich geändert: 68 Prozent der deutschen Unternehmen investieren verstärkt in die Kundenbindung und 67 Prozent in die digitale Transformation. Auch auf die Risikoidentifizierung und das Reagieren auf Risiken haben 66 Prozent einen stärkeren Fokus gelegt.

„Die großen Digitalkonzerne haben schon lange vorgemacht, dass es sich auszahlt, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und konsequent auf die Digitalisierung zu setzen. Mittlerweile dürfte bei allen angekommen sein, dass die digitale Transformation noch viel zügiger umgesetzt werden muss. Ohne ein funktionierendes digitales Geschäftsmodell wird es zukünftig nicht mehr gehen“, so Gall. „Der Digitalisierungsschub, den die Pandemie gebracht hat, wird ein beherrschender Trend in den kommenden Jahren sein.“

Wachstumsmotor Europa

Wachstumsmotor wird in den nächsten drei Jahren aus Sicht der Konzerne Europa sein: Weltweit erwarten 39 Prozent das größte Wachstum und die meisten Chancen für ihr Unternehmen in Europa. In Deutschland nehmen sogar 92 Prozent Europa als Wachstumsmotor wahr. Hiesige Unternehmen sehen über die Grenzen Europas hinaus allerdings wenig Chancen: Nur drei Prozent erwarten im Raum Asien-Pazifik das größte Wachstum und zwei Prozent in Nordamerika.

„Die hohen Erwartungen an Europa mögen überraschen, wenn man bedenkt, wie hart viele Länder von der Pandemie getroffen wurden“, so Gall. „Aber die Aufholeffekte werden das aus Sicht vieler Unternehmenslenker offenbar ausgleichen, sobald sich die Volkswirtschaften wieder öffnen.“ Nach Ansicht Galls wird Deutschland als größter und zentral gelegener Volkswirtschaft Europas eine Schlüsselrolle zukommen: „Wir beobachten, dass die meisten Deals international in der Nähe des heimischen Marktes getätigt werden. Und auch Wertschöpfungsketten werden zunehmend unter dem Aspekt regionaler Nähe optimiert – was eine weitere Lehre aus der Pandemie ist. Die Europäische Union mit ihren eng miteinander verwobenen Volkswirtschaften und insbesondere Deutschland werden davon profitieren.“

Fortdauer der Pandemie aus Sicht von knapp 30 Prozent das größte Risiko

Voraussetzung sei aber, dass die Länder die Pandemie schnell durch Impfkampagnen in den Griff bekommen und die Einschränkungen für Leben und Wirtschaft zurückgenommen werden. Das spiegelt sich auch in den Sorgen der Konzerne wider: 29 Prozent der Konzerne international sehen das größte Risiko für ihre Geschäftsentwicklung darin, dass die Pandemie andauert. In Deutschland sehen darin allerdings nur 16 Prozent der Unternehmen das größte Risiko. Vielmehr machen den hiesigen Unternehmen die makroökonomische Entwicklung (24 Prozent) sowie geopolitische Spannungen (19 Prozent) Sorgen.

(Quelle)

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