Studien, Analysen

Finanzinvestoren tätigen Rekordzahl an Deals in Deutschland

  • 156 Transaktionen in den ersten sechs Monaten markieren Bestwert für ein erstes Halbjahr
  • Birkenstock-Übernahme für 3,8 Milliarden Euro größter Private-Equity-Deal
  • Finanzinvestoren bringen mehr Unternehmen an die Börse – sieben im ersten Halbjahr
  • Strategische Investoren halten sich vergleichsweise zurück

Der deutsche Private-Equity-Markt hat sich mit einer Rekordzahl an Deals von der Corona bedingten Zurückhaltung gelöst: Finanzinvestoren tätigten hierzulande 156 Deals in den ersten sechs Monaten – das markiert einen Höchstwert im Vergleich aller bisher untersuchten Halbjahre.

Die Übernahme des Schuhherstellers Birkenstock durch die Investmentgesellschaft L Catterton und Financière Agache war mit 3,8 Milliarden Euro die größte Akquisition durch einen Private-Equity-Fonds im ersten Halbjahr. Den zweiten Megadeal im Wert von mehr als einer Milliarde Euro schloss Apax Partners SAS mit der Übernahme des Brillenherstellers Rodenstock für 1,5 Milliarden Euro ab. Insgesamt ist damit die durchschnittliche Dealgröße gesunken – in den ersten sechs Monaten dominierten vor allem kleinere und mittelgroße Transaktionen.

Das Gesamtvolumen erreichte 12,3 Milliarden Euro – der zweitbeste Wert für ein erstes Halbjahr seit Erstellung der Studie. Lediglich im Vorjahreszeitraum wurde mit 24,2 Milliarden Euro ein noch höherer Wert erzielt, der zum großen Teil auf den Rekord-Buyout der thyssenkrupp Aufzugssparte für 17,2 Milliarden Euro zurückzuführen war. Allerdings brach im Vorjahreszeitraum die Zahl der Transaktionen auf nur noch 94 ein.

Strategische Investoren kamen im Vergleich dazu mit deutlich weniger Dynamik aus der Corona-Krise zurück: Die Zahl der Deals lag mit 250 leicht über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (236). Der Transaktionswert erreichte 13,9 Milliarden Euro – der drittniedrigste Wert für ein erstes Halbjahr in den vergangenen zehn Jahren.

Das sind Ergebnisse einer Analyse des deutschen Private-Equity-Marktes durch das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY (Ernst & Young).

Sandra Krusch, EY-Partnerin und Leiterin Private Equity in Europe West: „Finanzinvestoren haben sich schnell von der Corona-Krise erholt und eine Rekordzahl an Transaktionen in Deutschland getätigt. Die Unsicherheit aus dem Jahr 2020 scheint verflogen zu sein – und das Deal Tempo wird aufgrund von wachsenden Fondvolumen und einem hohen Level an Dry Powder weiter zunehmen. Transaktionen werden zudem maßgeblich von den Trends ‚Innovative Arbeitsmodelle‘ und ‚neuen Technologien‘ beeinflusst. Der Investmentfokus wird hierbei auf der Wertschöpfung im Bereich der Digitalisierung und Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG liegen.“

Wolfgang Taudte, Partner bei EY: „Strategische Investoren treten dagegen deutlich zurückhaltender auf. Sie sind stärker von den Lockdown-Maßnahmen getroffen worden und viele haben sich zunächst darauf konzentriert, das Kerngeschäft zu stabilisieren, anstatt neue Investitionen zu tätigen.“

Strategische Investoren investieren im Durchschnitt weniger – IPOs legen zu
Finanzinvestoren veräußerten Beteiligungen im Wert von 2,5 Milliarden Euro an strategische Investoren – ein Rückgang um 1,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings erhöhte sich die Anzahl der Verkäufe an diese Investorengruppe im gleichen Zeitraum von 28 auf 36.

Finanzinvestoren haben auf der Suche nach Alternativen offenbar das Börsenparkett neu für sich entdeckt: Das erste Halbjahr war geprägt von gleich sieben Börsengängen von Unternehmen aus dem Portfolio von Finanzinvestoren, die zusammen 3,3 Milliarden Euro einbrachten. In den vergangenen fünf Jahren gab es maximal zwei IPOs von Portfoliounternehmen pro Halbjahr.

„In der Regel sind strategische Investoren bereit, hohe Preise zu zahlen, weil sie gute Synergieeffekte erzielen können“, sagt Taudte. „Derzeit halten sie aber lieber noch ihr Geld zusammen. Bei vielen Unternehmen stehen Programme zur Kostenreduktion und Effizienz auf dem Plan – Zukäufe passen momentan vor allem dann in die Strategie, wenn sie das Kerngeschäft ergänzen und als günstige Gelegenheit wahrgenommen werden. Hinzu kommt, dass das Börsenumfeld sehr attraktiv war und IPOs höhere Preise erzielt haben, als durch Weiterverkäufe möglich gewesen wäre.“

Unternehmen im IT-Sektor stark gefragt
Mit 46 Transaktionen haben Finanzinvestoren im ersten Halbjahr 2021 die meisten Übernahmen im IT-Sektor getätigt. Im Industrie- und Bausektor wurden 17 bzw. 15 Transaktionen getätigt. Das höchste Volumen von insgesamt 5,1 Milliarden Euro hat jedoch der Konsumgütersektor verzeichnet – hauptsächlich aufgrund der Birkenstock-Übernahme.

Die Digitalisierung als Megatrend verändert die Geschäftsprozesse in einem noch nie dagewesenen Tempo“, erklärt Krusch. „Finanzinvestoren haben daher insbesondere Unternehmen aus dem Bereich der Informationstechnologie im Blick. Diese passen mit ihren zukunftsorientierten Lösungen gut in die Portfolios zahlreicher Kaufinteressenten.“

(Quelle)

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