Warum der zweifache Paris-Dakar-Gewinner Richard Schalber mit 65 Jahren ein E-Mobility-Unternehmen (AllGoTec) gründete

Richard Schalber hat mit dem Motorrad-Team Schalber-BMW für Furore gesorgt. Unter seiner Führung als Teamchef und Entwicklungsleiter hat das Team zweimal die Rallye Paris-Dakar gewonnen. Danach hat der mehrfache Enduro-Titelträger für namhafte Mobilitätsunternehmen wie BMW, Porsche, Bentley, Suzuki oder Continental Entwicklungsarbeiten vorgenommen. Unter anderem hat einen der ersten Allrad-SUV-Prototypen für einen namhaften Automobilhersteller entwickelt. Wir haben uns gefragt, was Richard Schalber mit 65 bewogen hat, mit AllGoTec nochmals das Risiko einer Unternehmensneugründung im Bereich E-Mobility einzugehen.

Warum gründet man nach einer erfolgreichen Sportler- und Unternehmerkarriere mit 65, während andere schon Ihren Ruhestand genießen, nochmals ein E-Mobility-Unternehmen?

Als ehemaliger Rallyefahrer bin ich der Natur sehr verbunden. Der Klimawandel nimmt zu und das Ende des Verbrennungsmotors ist unvermeidbar. Daher ist die Zukunft der Mobilität elektrisch. Das gilt auch für Motorräder, die aufgrund Ihres leichten Gewichts eigentlich viel besser für die E-Mobilität geschaffen sind als Autos. Allerdings hinkt die Motorrad- und Moped-Branche hier technologisch deutlich hinterher. Ich habe mich mein ganzes Leben mit Mobilität und insbesondere mit Motorrädern befasst und habe erkannt, dass ich diesen technologischen Rückstand im Motorradsegment aufholen kann.

Richard Schalber als BMW-Werksfahrer

 

Warum haben Sie sich gerade das E-Motorensegment zwischen 10 kW und 35kW als Entwicklungsziel ausgesucht?

Bei der Suche nach einem geeigneten E-Motor für Motorräder, Mopeds und Kleinfahrzeuge, haben mein Team und ich festgestellt, dass es hierfür technologisch keine zufriedenstellenden Lösungen gab. Fahrräder sind mit Niedrigvoltmotoren gut abgedeckt. Diese Motoren bringen jedoch nicht die für ein Motorrad erforderliche Leistung und Reichweite. E-Motoren für Autos am anderen Ende sind zu schwer, zu platzintensiv und auf eine Leistung optimiert, die für die meisten Motorräder nicht wirklich erforderlich ist. Es hat sich gezeigt, dass ein universal einsetzbarer, leichter und Platz sparender Hochvolt-Motor im Segment von 10 kW bis 35 kW für Kleinfahrzeuge und damit auch für Motorräder dringend erforderlich ist. Deshalb haben wir uns an die Arbeit gemacht.

Welche Vorteile bietet Ihr Hochvolt-Motor im Vergleich zu Niedrigvolt-Motoren, wie sie bisher für Kleinfahrzeuge zum Einsatz kommen?

Für das AllGoTec E-Antriebssystem konnten wir sehr viel kleinere Baugruppen und geringere Kabelquerschnitte verwenden. Zudem sind die Packungsdichten im Batterieaufbau deutlich größer. Das alles reduziert Gewicht, Ressourcenverbrauch und Elektrosmog. Unser Antriebssystem verfügt zudem über einen modularen Aufbau. Es ist daher kostengünstiger und kann schnell in einer Vielzahl von Modellen unterschiedlichster Hersteller verbaut werden. Ferner verfügen wir über ein für Hochvoltmotoren einmaliges, patentiertes Akkuwechselsystem.

Gibt es auch Nachteile Ihres Motorsystems?

Die Vorteile unseres Hochvoltsystems überwiegen deutlich, gerade was Reichweite und Gewicht anbelangt. Wir haben höhere Anforderungen an Berührungsschutz und das Batteriemanagementsystem. Beides haben wir erfolgreich berücksichtigt. Die AllGoTec- Motorsysteme dürfen, wie alle Hochvoltsysteme, nur von geschultem Personal gewartet und repariert werden. Hier unterscheiden wir uns nicht von E-Motoren für Autos.

Sie haben sogar ein eigenes E-Motorrad entwickelt. Warum denn das?

Wir sind so überzeugt von unserem Hochleistungs-E-Motor, dass wir ihn sofort praktisch testen wollten. Da wir in der Vergangenheit bereits Prototypen von E-Autos hergestellt haben, war es leicht für uns, eines der besten E-Motorräder, das es heute gibt, zu entwickeln. Als ehemaliger Motorrad-Rallye-Profi, weiß ich worauf es bei einem guten Motorrad ankommt. Ohne, dass wir Werbung für das Motorrad gemacht haben, haben wir zahlreiche Kaufnachfragen von Motorradenthusiasten bekommen. Wenn ich mir überlege, dass Royal Enfield über seine Muttergesellschaft EUR 50 Mio. für 10,35% am E-Motorradhersteller Stark Future aus Spanien zahlte und die nur ein einziges Modell im Programm haben, sollte ich ernsthaft darüber nachdenken, unser AllGoTec E-Motorrad zu lizensieren oder an einen Motorradproduzenten zu verkaufen.

Richard Schalber mit der AllGoTec RST e1

(eigenentwickelte Elektro-Enduro mit AllGoTec E-Antriebsstrang)

 

Wie schätzen Sie die Nachfrage nach E-Motorrädern und Elektrokleinfahrzeugen in Zukunft ein?

Heute werden im Jahr mehr als 50 Mio. Motorräder, Mopeds und Kleinfahrzeuge gebaut. Erst ein kleiner Teil davon ist elektrifiziert, was auch daran liegt, dass es bisher keine wirklich überzeugenden E-Motoren in der Leistungsklasse zwischen 10 und 35 kW am Markt gibt. Während Motorräder und Mopeds im Westen Freizeitprodukte sind, handelt es sich in Asien um ein Massenverkehrsmittel. Aufgrund der immensen Smogbelastung in asiatischen Großstädten, wird zwangsläufig ein Verbot von Verbrennungsmotoren kommen. Die Umstellung auf E-Antriebe wird in einem Zeitraum von ca. zehn Jahren erfolgen. In diesem Zeitraum werden wir Wachstumsraten von mehr als 25% p.a. sehen.

Wie hat die Mobilitätsbranche auf Ihren neuen E-Motor reagiert?

Die Nachfrage nach unseren E-Antriebssystemen aus der ganzen Welt ist unglaublich groß. Wir kriegen laufend neue Anfragen aus Europa, den USA und aus Asien – und das nach nur einem einzigen Messeauftritt! Das zeigt, dass wir eine echte Marktlücke besetzen.

Was bedeutet das für Ihr Unternehmen AllGoTec?

Wir hatten uns schon frühzeitig ein Netzwerk an lokalen Produktionspartnern aufgebaut, mussten aber erkennen, dass wir mit diesem Netzwerk die weltweite Nachfrage niemals bedienen werden können.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt ist DMF Capital, ein in der Mobilitätsbranche erfahrener Investor, auf uns zugekommen und hat uns davon überzeugt, dass wir deutlich größer und in industriellen Maßstäben denken müssen. Heute arbeiten wir als AllGoTec-Gesellschafter gemeinsam daran, die Strukturen zu schaffen, um zusammen mit dem richtigen strategischen Partner aus unserem technologisch führenden Unternehmen auch in produzierten Stückzahlen einen Marktführer zu machen.

Wer ist denn der richtige strategische Partner für AllGoTec?

Der richtige Partner für AllGoTec hat bereits die passende Produktionsinfrastruktur oder kann diese mit unserer Hilfe schnell aufbauen. Die Motorrad- und Moped-Industrie wartet ja auf unser E-Antriebssystem.

AllGoTec e-Motorrad im Einsatz

 

Ihre Familie wird sich sicher freuen, wenn Sie künftig etwas kürzer treten…

Moment mal! Ich habe noch große Aufgaben vor mir und werde den Aufbau einer Produktion für unsere E-Motoren auf jeden Fall begleiten. Das wird auch unser künftiger strategischer Partner erwarten. Zudem habe ich noch viel zu viele Entwicklungsideen im Kopf. Die umweltfreundliche Sicherstellung der Mobilität mit Motorrädern und Mopeds ist viel zu wichtig, als dass ich mich aufs Sofa zurückziehen kann. Es kann ja nicht sein, dass ein Verbot von Verbrennungsmotoren dazu führt, dass Verbrenner-Motorräder und Mopeds durch E-Autos ersetzt werden. Dafür ist Motorradfahren viel zu schön und in Asien würde der Verkehr unter der Vielzahl an E-Autos komplett zusammenbrechen. Elektro-Motorräder und –Mopeds sind hier viel ressourcenschonender. Meine Familie weiß, dass ich PS im Blut habe und nicht faul rumsitzen kann. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Lieber Herr Schalber, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!

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